Update 02. bis 08. Mai

Die Woche ging schnell rum. Im Homeoffice standen diese Woche viele Abstimmungen an, so dass ich über Tag ständig telefoniert habe. Es hat sich hier eine neue Normalität eingestellt, in der man mit Kollegen und Kunden ganz selbstverständlich aus seinem Wohnzimmer telefoniert, mit der Kamera das Umfeld den anderen zugänglich macht. Dadurch gewinnt man viele Eindrücke aus einem Bereich der Gesprächspartner, der sonst nur einem engen Kreis von Familie und Freunden zugänglich wäre. Das ist schon spannend.

In der Familie ging es auch im alten Trott weiter. Die Kinder fangen morgens um 9 mit der Schule zu hause an. Gegen 12 gibt es die Absprache, was es zu Essen geben wir und wer sich letztendlich drum kümmert, dann ein gemeinsames Mittagessen und dann geht man wieder seinen Dingen nach. Die Kids treffen sich virtuell mit ihren Freunden über WhatsApp.

Gestern aber war es dann doch anders, denn wir haben unseren Kindern erlaubt sich mit je einem ihrer Freunde zu treffen, um sich mal wieder persönlich auszutauschen. Unsere Zwillinge haben dies genutzt um Eis essen zu gehen und Carla hat mir ihrer Freundin draußen gespielt. Es war fast wie vor dem Anfang der Corona-Maßnahmen und man hat in den Gesichtern gesehen, wie sehr ihnen diese Kontakte mit Menschen außerhalb ihrer Familie gefehlt hatte.

In Deutschland hat über die letzten Tage ein Wettlauf der Lockerungen angefangen. Das gilt sowohl für Geschäfte aber auch für gesellschaftliche Aktivitäten. Teilweise darf man schon wieder Veranstaltungen mit bis zu 100 Teilnehmern abhalten, Friseure und Kosmetiker haben wieder geöffnet, Geschäfte ohne Größenbeschränkung auch und es geht die Diskussion weiter ob Schulen und Kitas nun auch geöffnet werden können. Und natürlich darf die Bundesliga demnächst wieder kicken – ohne Zuschauer aber natürlich live übertragen per Sky. Es lebe der Konsum. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass jeder glaubt, wir hätten das Virus besiegt und es könnte wieder so weitergehen, wie vor dem ganzen Mist. Wenn uns dies nicht auf die Füße fallen wird? Schaut man sich die Statistiken für Deutschland an (https://experience.arcgis.com/experience/478220a4c454480e823b17327b2bf1d4) dann sieht das so aus wie in der Woche vom 13.03. mit Infektionszahlen von rund 1000 pro Tag. Ob es in 14 Tagen dann auch wieder so aussehen wird wie in der Woche vom 27.03. mit 5500 infizierten pro Tag und mit der Aussicht, dass es in der nächsten Woche dann 8000 Infizierte pro Tag sein werden? Und wenn dies so eintritt, wie wird man dann darauf reagieren? Wieder ein Lock-Down? Können wir uns diesen überhaupt noch erlauben ohne unsere Wirtschaft komplett an die Wand zu fahren? Wird man dann weniger Rücksicht auf die Schwächeren in der Gesellschaft nehmen und es halt dann einfach passieren lassen?

Ich bin wirklich gespannt was da auf uns zukommt. Und ja, ich werde auch dann wieder versuchen vor allem die positiven Aspekte der Herausforderungen sehen zu wollen. Nur aktuell muss ich sagen, dass wieder die Sorge vor dem was da auf uns zukommt die Überhand genommen hat. Ich glaube nämlich die Politik hat sich nach der Zeit in der sie das Heft der Handlung in der Hand hatte nun wieder zu Getriebenen machen lassen in der Interessenverbände bestimmen, was gut für uns als Gesellschaft ist. Aber evtl. ist das ja die Lektion, die wir als Gesellschaft lernen müssen, um zu einem System zu kommen, das anders sein wird. In dem es dann andere Werte als Profit und Gier gibt, die unser Denken bestimmen. Aber dafür müsste die Lektion hart sein, die wir zu lernen haben und genau das macht mir Angst.

Ich habe mich auch diese Woche mit der Heinsberg Studie ein wenig mehr auseinanderzusetzen. Meine Erkenntnis daraus ist, dass sich ganz offenbar auch die Wissenschaft zumindest zum Teil vor den Karren der Interessen hat spannen lassen. Nachdem ich mir den Podcast von Herrn Streeck angehört habe zum Thema, warum die Ergebnisse so schnell veröffentlich werden mussten, ist es mir eigentlich nur noch schleckt gewesen (https://www.br.de/mediathek/podcast/b5-thema-des-tages/virologe-streeck-es-war-wichtig-dass-die-menschen-schnell-ueber-die-heinsberg-studie-informiert-wurden/1795660). Dieser Mensch will ganz offensichtlich die Gelegenheit nutzen, um seine Kariere zu beschleunigen. Es ist keinerlei Einsicht an berechtigter Kritik zu erkennen – er sucht nicht den Diskurs sondern fühlt sich im Recht. Diese Attitüde dass alle Feinde sind, die nicht meiner Meinung sind, finde ich gerade in unserer Gesellschaft so schädlich. Denn gerade aus Kritik ergeben sich doch Chancen und Erkenntnisse an die der Einzelne einfach nicht gedacht hat, da sein Erkenntnishorizont dazu nicht in der Lage war. Aber diese Chance den Erkenntnishorizont zu erweitern wird einfach ignoriert, da man ja recht hat und alle andere Flachzangen sind. Bei so einer Verhaltensweise von Leuten, die aktuell Entscheidungsträger beraten wird es mir einfach nur schlecht.

Mein Highlight war aber das Lied von Bodo Wartke zu Christian Drosten: Bodo Wartke schreibt Lobeshymne für Christian Drosten. Lachen tut in der aktuellen Situation einfach nur gut.

Dieser Beitrag wurde unter Papa veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.