Ein Hammer ist ein Hammer ist ein Hammer

In den letzten Wochen durfte ich mich mit einer Methode auseinandersetzen, wie man Dinge transparent macht. Die Wunderwaffe heißt OKR (Objektives and Key Results). Hier auch die Definition nach Wiki:

OKR teilt Ziele in qualitative Objectives und quantitative Key Results auf.
Objective = Wo will ich hin?
Key Result = Was muss ich tun, um dort hin zu kommen und wie kann ich das messen?
Alle drei Monate werden die OKR im Unternehmen neu formuliert, zunächst auf Unternehmensebene und anschließend für jedes Team.

https://de.wikipedia.org/wiki/Objectives_and_Key_Results

Das klingt alles zuerst einmal sehr vernünftig, aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass es für mein Team nicht der richtige Weg ist, denn es geht wieder darum, dass man Teams steuert, indem man ihnen Ziele setzt. Ein System, das in der Vergangenheit über Ziele erreicht werden sollte, die SMART sind, die aber damals meist nur einmal im Jahr überprüft wurden. Nun also das Ganze alle drei Monate – was Agilität bewirken soll.

Warum aber glaube ich, dass dies für mein Team nicht die richtige Methode ist und wir sie auch nicht nötig haben?

Ich möchte ein Team, das durch Vertrauen geführt wird und intrinsisch motiviert ist

Grundvoraussetzung dafür ist, dass dem Team klar sein muss, was das gemeinsame Ziel ist und es muss ein stetiger Austausch darüber geben, ob die getroffenen Maßnahmen dem gemeinsamen Ziel helfen und ob es nicht effektivere Maßnahmen gibt, mit denen man mit gleichem Aufwand dem Ziel noch mehr helfen könnte.
Um dies zu erreichen, haben wir folgende Maßnahmen implementiert:

  • Wir haben 4 klare Ziele, die allen geläufig sind
  • Themen, von denen wir glauben, dass sie Begeisterungspotential haben, werden mit zwei Teammitgliedern besetzt, die gleichberechtigt an dem Thema arbeiten. Dadurch ist gewährleistet, dass ein ständiger Austausch zu dem Thema in dem Tandem erfolgt und das Risiko, dass sich ein Einzelner in eine Sache verrennt wird minimiert
  • Wir tauschen uns wöchentlich zu allen Aktivitäten aus und informieren uns gegenseitig über den Fortschritt
  • In regelmäßigen Abständen werden Planungsworkshops durchgeführt, in denen die Themen auf den Prüfstand kommen und neu priorisiert werden
  • Bei neuen Themen wird sehr schnell ein erster Prototyp erstellt, der mit den Kunden verprobt wird

Führt man in ein solches funktionierendes System, nun aber Mechanismen ein, die davon geprägt sind, über KPI den Erfolg zu messen, läuft man Gefahr, dass das Team sich nicht mehr anhand der Ziele optimiert sondern anhand der KPI. Sofern die KPI klug gewählt sind, wird das Ergebnis auch in Ordnung sein.
Außerdem werden sich Teilprojekte untereinander vergleichen – ob sie es wollen oder nicht, aber sobald man eine messbare Größe hat, fängt der Vergleich an und aus dem Miteinander wird ein Gegeneinander. Die Folge ist, dass man auch mal kreativ an das Messen der KPI geht, um besser dazustehen. Und damit ist die Saat für Misstrauen gesät.

Das sind wohl die Gründe, warum ich von Anfang an ein schlechtes Gefühl dabei hatte, so eine Methode einzusetzen.

Meine schlechten Erfahrung mit Wundermethoden

Ein weiterer Grund liegt in meiner Erfahrung aus über 20 Berufsjahren. In der Firma, in der ich arbeite, wurden immer wieder Methoden als Allheilmittel eingeführt. Ob es nun Lean Management war oder Design Thinking. Immer glaubte das Management, wenn es nur die Wundermittel verwendet, dann wird alles von alleine gut. Es wurden Berater eingekauft, die die gute Botschaft zu den Teams bringen mussten, die Teams wurden geschult, es wurden Kontrollmechanismen eingeführt, um zu sehen, ob die Methoden auch verwendet wruden.

Die Methoden haben auf jeden Fall auch ihre Berechtigung – aber immer in dem Kontext für den sie auch gemacht wurden. Wendet man sie im falschen Kontext an, wird das Ergebnis mitunter katastrophal sein und noch Jahre nachwirken. So hatte ein ehemaliger HR Vorstand der Firma versucht, jedes Thema mit Design Thinking anzugehen, hatte aber die Rahmenbedingungen schon so starr vorgegeben, dass die Grundvoraussetzung für Design Thinking schon verletzt wurden. Es wurden mehrere Teams durch diese Workshops gejagt und selbst heute, mehrere Jahre danach, wissen diese Teilnehmer davon zu berichten, wie demotivierend und fremd diese Aktivitäten waren.

Ein weiteres Beispiel ist die Einführung von Lean Management. Auch hier durfte ich mit einem Teamleiter mich austauschen, der völlig frustriert davon erzählt hatte, dass die Einführung nur halbherzig gemacht wurde und er nicht die notwendige Unterstützung bekommen hatte, um eine sinnvolle und saubere Implementierung zu machen. Er hatte sich mit Herzblut vor einen Karren spannen lassen, der im ersten Dreck steckenblieb. So demotiviert man Menschen!

Dies ist wohl der weitere Grund, warum sich bei mir alle Nackenhaare gestellt haben. Denn mir erscheint auch dieses Thema wie eine neue Wunderwaffe.
Ich habe für mich beschlossen, dass ich das Spiel nur soweit mitspielen werde, wie ich eben muss. Denn ich bin nunmal in einem System, in dem es Weisungsbefugnisse gibt und ich bin auf einer Ebene auf der ich Weisungen erhalte und nicht gebe. Aber mit Herzblut, werde ich nicht für diese Methode brennen. Mein Herzblut gilt meinem Projekt.

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