Was muss ich nur von der SPD lesen: Respektrente, Abschaffung von Hartz IV? Ja was ist denn da passiert? Hat sich die Partei endlich darauf besonnen, was das S in ihrem Namen zu bedeuten hat?
Sozialdemokratisch, was bedeutet das? Nach Wikipedia ist die Definition:
„Sozialdemokratie ist eine politische Bewegung und politische Ideologie der Linken, die sich selbst als Form eines reformistischen demokratischen Sozialismus betrachtet.[1] Die Sozialdemokratie setzt sich nach ihrem Selbstverständnis mit demokratischen und sozialistischen Mitteln für eine sozial gerechte Gesellschaft ein. Bis Anfang der 1960er-Jahre gehörte die teilweise Verstaatlichung der Produktionsmittel zu den allgemein anerkannten Zielen der Sozialdemokratischen Bewegung in Westdeutschland – ein Ziel, das dort mit dem Godesberger Programm der SPD 1959 aufgegeben wurde.“
Stellt sich dann natürlich die Frage, was eine sozial gerecht ist. Auch hier sagt Wikipedia folgendes:
„Der Begriff der sozialen Gerechtigkeit bezieht sich auf gesellschaftliche Zustände, die hinsichtlich ihrer relativen Verteilung von Rechten, Möglichkeiten und Ressourcen als fairoder gerecht bezeichnet werden können.[1] Was genau Inhalt und Maßstab dieser Form von Gerechtigkeit sei, ist aber seit jeher umstritten und vielschichtig.“
Hoffentlich ist es den Lenkern der Partei endlich klar geworden, dass die Politik, die sie spätestens seit der Agenda 2010 verfolgt wurde, alles andere als sozial war. Jeder Neoliberalist muss sich die Augen gerieben haben – oder sich ins Fäustchen gelacht haben, als er die SPD und die Grünen bei der Umsetzung dieser Agenda beobachtet hat.
Denn gespart wurde an den Sozialleistungen, es wurde der Kündigungsschutz gelockert und die Sozialabgaben für Arbeitgeber gesenkt. Dies hat sich sicherlich in niedrigeren Lohnstückkosten ausgedrückt, die es uns erlaubt haben unsere europäische Partner noch mehr an die Wand zu drücken, wie es schon vor der Agenda 2010 der Fall war. Die Gewinne, die durch diesen Wettbewerbsvorteil entstanden, den unsere Unternehmer wahrnehmen durften, wurden dann freizügig unter den Aktionären verteilt.
Das Ergebnis kann man sich heute anschauen. Die Mittelschicht wurde ausgedünnt, die prekären Beschäftigungsverhältnisse wurden massiv ausgebaut. Die Kinderarmut hat immer neue Höchststände erreicht.
Für mich bedeutete das schon vor vielen Jahren eine komplette Abkehr von der Grünen Partei, die ich einmal cool und attraktiv gefunden habe. Und eine abgrundtiefe Verachtung der SPD, die unter Gerhard Schröder die Menschen verkauft hat, für die sie angeblich einstehen sollte.
Was hört man jetzt gerade von der SPD?
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil macht sich für eine Respektrente stark. Eine Rente, die immerhin diejenigen respektvoll behandeln soll, die die Möglichkeit hatten lebenslang in die Rente einzuzahlen. Schon alleine die Höhe der anvisierten Respektrente lässt erkennen welch große Sprünge damit machen kann.
Und dann bekomme ich den SPD Newsletter von Andrea Nahles, in dem sie schreibt, mit der Anrede
Hallo Matthias,
wir lassen Hartz IV hinter uns. Der Sozialstaat muss Partner der Menschen sein. Für uns steht Unterstützung im Mittelpunkt, nicht Misstrauen. Deshalb wollen wir die bestehende Grundsicherung durch ein Bürgergeld ersetzen. Das hat der Parteivorstand einstimmig beschlossen.
Bürgergeld? Ist das so etwas ähnliches wie bedingungsloses Grundeinkommen? Eine Sozialleistung, die jedem zusteht, ohne dass er seine persönlichen Verhältnisse bis auf Heller und Pfennig dem netten Mitarbeiter des Sozialamtes vorrechnen muss? Was sind das für Töne, nach all den Jahren des Misstrauens gegenüber Mitbürgern? Hat da jemand Kreide gefressen?
Warum jetzt?
Wenn es so einer radikale Richtungswechsel bei einer Person oder auch einer Gruppierung wie hier der SPD gibt, muss man sich fragen, was veranlasst diese Person oder Gruppierung, aus dem alten Muster ausbrechen zu wollen. Denn der Mensch ist träge und Veränderung ist doch nur störend.
Manche Gründe sind natürlich offensichtlich:
- Die SPD ist im freien Fall von einer Volkspartei hin zu einer unbedeutenden Nieschenpartei – die Wahlergebnisse in Bund und Land sind vernichtend und damit stehen viele Profipolitiker dieser Partei vor der Arbeitslosigkeit
- Bewegungen wie #Aufstehen oder die Gelbwesten in Frankreich legen die Finger in die Wunde der sozialen Kälte und Profitgier der Besitzenden – das ureigene Thema der SPD wird einfach gekapert
- Das Wildern in der „Mitte“ wird immer weniger attraktiv, denn die Mittelschicht wird ja immer mehr ausgedünnt und es ist nicht mehr attraktiv die paar übrig gebliebenen aus der Mitte zu umgarnen
- Sozialistische, neoliberale Bonzen wie Peer Steinbrück sind nicht mehr in verantwortlicher Position sondern beraten jetzt lieber Banken, wo sie auch viel besser hingehören
Was nun aber wirklich diese Rolle rückwärts ausgelöst hat, ist von außen sicher schwer zu beurteilen. Aber es macht mir Hoffnung, dass die gute alte SPD doch wieder zu ihren alten Werten findet und eine Politik für alle Bürger macht. Ich werde es weiter kritisch verfolgen und meine Schlüsse daraus ziehen.